Gute Nachrichten für alle, die sich keinen Urlaub auf Jamaika leisten können: Beim Summerjam gibt es zum Preis eines Festivaltickets (fast) die gleiche Erholung. Es mag an der traumhaften Kulisse rund um den Fühlinger See liegen, vielleicht aber auch an den grünlichen Rauchschwaden, denen man permanent ausgesetzt ist, aber selten waren wir so tiefenentspannt bei einem Festival.
Allerdings starten wir alles andere als entspannt in den Sonntag. Verspätet, abgehetzt und genervt von der Parkplatzsuche wollen wir den letzten Tag des Festivals dennoch in vollen Zügen genießen und alle Eindrücke und Erlebnisse aufsaugen, die das größte Reggae-Festival in Europa zu bieten hat. Also wuseln wir über das Gelände, stolpern über picknickende Hipsterfamilien, quatschen mit alternativen Hippies und probieren uns durch das kulinarische Angebot. Noch nie haben wir so viele Fressbuden auf einem Gelände gesehen. Das breitgefächerte Angebot erinnert mehr an einen Markt für Streetfood als an die kulinarische Grundversorgung eines Festivals.
Doch wir sind nicht nur zum Essen in Köln. Deshalb geht es direkt weiter zur Greenstage, auf der Namika mit ihrer Knallerstimme loslegt. Machen wir uns nichts vor: Die Sängerin ist der Inbegriff einer Traumfrau: wunderschön, sehr lustig und mit einer fabelhaften Stimme ausgestattet. Man muss es neidlos anerkennen: Dagegen stinken wir Otto-Normal-Frauen einfach ab. Als Namika das Publikum mitperformen lässt und uns zum Springen und Mitsingen auffordert, setzt zum ersten Mal Festivaleuphorie ein.
Also schnell rüber zur Red Stage, der Hauptbühne, wo wir mit Dub Inc. die Hüften schwingen lassen. Die Rastazöpfe der Besucher wippen lustig auf und ab, und der Sound der neun Franzosen versetzt einen direkt in Urlaubsstimmung. Ob auf oder vor der Bühne, alle sind gut drauf und sichtlich entschleunigt. Festivaltypische Alkoholleichen und grölende Massen sucht man vergeblich. Dazu gibt Dub Inc. der Masse vor der Bühne die richtigen Worte mit auf den Weg: „If you wanna drink beer – go to Rock am Ring! If you wanna feel the love and peace – this is the right place“.
Unsere anfängliche Hektik ist verflogen, wir grooven uns lässig an den Steg des Fühlinger Sees. Bevor Headliner Parov Stelar auf die Bühne kommt, mischen wir uns noch einmal unter die Leute. Es wird hauptsächlich Englisch gesprochen – internationaler als auf dem Summerjam ist es selbst im Frankfurter Bahnhofsviertel nicht, reist das Publikum des Festivals doch aus allen Ländern Europas an und schließt sich hier zu einer großen Familie zusammen, die bei Parov Stelar 90 Minuten durchtanzt und den Moment feiert. Im wahrsten Sinne des Wortes mit Pauken und Trompeten performt der österreichische Musiker seine Hits, die sich allerdings alle ein bisschen austauschbar anhören. Das stört aber keinen, solange man dazu tanzen kann. Als Stelar zum Abschluss seinen Hit All Night spielt, während die Sonne blutrot untergeht und das Festivalgelände in ein kitschiges Licht taucht, sind auch wir uns sicher: This is the right place!