Kraftklub

Keine Nacht Für Niemand

Mit ihrem frechen Indierock-Rap sind Kraftklub 2012 wie ein Komet in die deutsche Musikszene eingeschlagen. Mittlerweile beherrschen die Chemnitzer auch die ganz großen Open-Air-Bühnen spielend – auf denen ihr erstaunlich vielseitiges drittes Album wieder für Hysterie sorgen wird.

Es gibt noch immer keine zweite Band wie Kraftklub in Deutschland. Mit ihrem Stil haben die fünf Kumpels aus dem ehemaligen Karl-Marx-Stadt sich lässig zwischen die Stühle gesetzt. Während ansonsten nur die Emo- und Pop-Rap-Konkurrenz von Cro über Casper bis Alligatoah für den ganz großen Hype beim jungen und jung gebliebenen Publikum sorgt, und auf der anderen Seite die Indierocker ihren Gitarren-Chic betont cool aus der Jackentasche hängen lassen, haben Kraftklub von Anfang an beides gemeinsam zelebriert: Bei den Bands der Indierock-Explosion der 00er Jahre wie Bloc Party, Franz Ferdinand und The Hives hat sich die Band die hibbeligen, tanzbaren Grooves und das Pop-Feeling abgeguckt.

Dazu sprechsingt Frontmann Felix Brummer schnodderig, kumpelhaft und wortspielschlau wie ein dem HipHop verfallener Liam Gallagher über die Sorgen und Nöte der Millenials – mit Texten über Provinz-Losertum, Ritalin, Liebeskummer, politischen Aktivismus, peinliche Indiediscos und die besten Fans der Welt fangen Kraftklub das Lebensgefühl der Generationen Y und Z präzise ein. Kein Wunder, dass dieser Sound die Band an die vorderste Front des deutschen Pop-Betriebes katapultiert hat: Mit dem Debütalbum Mit K (2012) und dem Nachfolger In Schwarz (2014) sammelten Kraftklub Gold- und Platin-Auszeichnungen, ausverkaufte Touren und Headliner-Auftritte auf den großen Festivals sorgten für Furore, mit dem Kosmonaut Festival etablierte die Band ihr eigenes Event im heimischen Chemnitz, auf dem von Anfang an die großen Namen des jungen deutschen Pop, Rock und Indie auftraten.

Dass man die Band nicht als seichtes Charts-Wunder missverstehen darf, hat sie seitdem immer wieder bewiesen: Beim Echo 2013 ließen sich Kraftklub zunächst aus Protest gegen die als nationalistisch geltenden Rocker Frei.Wild von der Liste der Nominierten streichen, und im Song Schüsse in die Luft positionierte sie sich deutlich gegen unpolitische Weltflucht und Fremdenfeindlichkeit. Wie viel mehr Kraftklub in jeder Hinsicht noch zu bieten haben, offenbart sich nun mit ihrem dritten Album Keine Nacht für Niemand: In nie gekanntem Ausmaß bringt die Band ihr Talent für musikalische und inhaltliche Zitate mit ihrem Trademark-Sound und den brennenden Themen der Gegenwart zusammen. Schon der Titel gibt die Richtung vor: Wer eine Parole wie „Keine Macht für Niemand“ der deutschen Punk-Vorväter und Linken-Ikonen Ton Steine Scherben zitiert, der will ins Politische, dahin, wo es spannend wird und auch mal weh tut. Dass es der Band ernst ist mit einem Statement zum Zeitgeist heißt allerdings nicht, dass Augenzwinkern, euphorische Partysongs oder gallige Ansagen auf dem Album fehlen. Im Vorabsong Dein Lied etwa rechnet Sänger Felix Brummer so explizit und gnadenlos mit seiner Ex ab, wie er es in keinem bisherigen Trennungssong getan hat – und sorgt damit dennoch für ein befreiendes Lachen beim Hörer.

Vor allem aber wirft das Quintett hier all seine musikalischen Idole zusammen und zitiert sich gekonnt durch deren Werk: Bronski Beat, Die Ärzte, Deichkind, Ol‘ Dirty Bastard, die Beatles und Dutzende mehr grüßen aus den Songs – während der typische Kraftklub-Beat trotzdem in vielen Songs dafür sorgt, dass man sofort weiß, wessen Musik man hört. Mit einer so bunten, vielseitigen Platte im Rücken dürften die Sommer-Shows von Kraftklub ein Spektakel auf neuem Niveau werden – Konfetti, Pyrotechnik und aufblasbare Requisiten inklusive. Der passende Schlachtruf dazu: Tanzt kaputt was euch kaputt macht!

Keine Nacht Für Niemand

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