Øya Festival - Nachbericht

Auch 2016 zeigt sich das Øya Festival als Stadtfestival, das in seinem Anspruch, seiner Qualität und seinem Line-up dann doch keines ist. Unser Autor Florian Schneider war für uns vor Ort.

Auch wenn man nur zwei Tage des Oya Festivals mitmachen kann: Vor Ort ist es leicht zu identifizieren, worauf der hervorragende Ruf des Festivals mitten in Oslo basiert. Es ist der Mix aus einem wunderschönen Gelände – dem Toyenparken in unmittelbarer Nähe zum weltberühmten Munch-Museum und nur zwei U-Bahnstationen vom Hauptbahnhof entfernt – dem wahnsinnig vielseitigen und vielschichtigen Programm und der nahezu perfekten Organisation. Ein Beispiel: Die Bühnen sind so am Fuß der Hügel im Park angeordnet, dass man überall eine nahezu perfekte Sicht darauf hat. Etwa auf Daughter, die mit ihrem verwaschenen Sound perfekt zum schmuddeligen Regenwetter passen, aber mit ihrem Auftritt nicht daran arbeiten, als echte Festivalband wahrgenommen zu werden. Das sind Lush schon eher. Die kürzlich wiedervereinigten Shoegazer aus England verfügen aber auch über deutlich mehr Erfahrung und haben zudem den Vorteil im Sirkus aufzutreten – einer Art Messezelt, dessen schlichte Funktionalität nicht recht zum sonst so kunstvollen Erscheinungsbild des Festivals passt.

Oya - Mood

Neben Rock gehört auch Jazz zum Programm des Festivals. Allerdings in seiner hippen Variante, die Thundercat verkörpert. Seine Interpretation von Jazz ist so funky wie sexy, das Zusammenspiel mit seinen beiden Mitmusikern ebenso frei wie tight. Für Rapper Travis Scott springen kurzfristig die britischen Section Boys ein. Die Rapper zeigen, dass Trap auch in England auf fruchtbaren Boden fällt. Rampensau Jesse Hughes und seine Eagles Of Death Metal tun sich später nach mehreren Stunden Dauerregen, der den Boden in eine Schlammlandschaft verwandelt hat, schwer damit, Euphorie aufkommen zu lassen. Hughes andauernde Beteuerungen, jeden einzelnen im Publikum zu lieben, kommen trotzdem weniger als Teil der Show rüber, als von Herzen – selten hat man ein friedlicheres und entspannteres Festival erlebt. Befremdlich bleiben nur ein paar norwegische Eigenheit, etwa dass am Bierstand nur mit Karte bezahlt werden kann. Recht eigen ist auch die Performance von Bernard Summner und New Order. Selbst wenn man Peter Hook nicht nachweint, machen die New-Wave-Pioniere inzwischen den Eindruck, als hätten sie eigentlich einen Besuch im Munch-Museum geplant gehabt. Ihre Hits zünden natürlich trotzdem.

Oya - Grace Jones

Credit: Markus Thorsen

Das Øya Festival ist aber auch ein Sprungbrett für norwegische Bands. Jeden Nachmittag gehören die Bühnen zunächst Acts aus Norwegen, am Samstag sind es die Krautrocker Electric Eye, die ihren Auftritt im Sirkus nutzen wollen, um ihre Bekanntheit zu steigern. Ihr Auftritt leidet aber unter einem furchtbaren Sound, bei dem Bass und Bassdrum alles andere zudecken. Eine absolute Ausnahme auf dem Festival, so fair muss man sein, wie Neurosis wenig später an gleicher Stelle zeigen. Ihre unglaublich druckvolle Performance hat nur ein Problem: sie ist viel zu kurz. Als einzige Band setzen sich wenig später die Foals über das Crowdsurfing-Verbot des Festivals hinweg, auf das große Warnschilder hinweisen, während die Viagra Boys nichts auf Genrekonventionen geben. Die Schweden punkten mit feindselig-asozialer Attitüde und einem Sound, zu dem Dampfwalzen dirigiert von Shaun Ryder raven gehen. Leichtes Spiel haben zuvor Fidlar. Die Shirts der kalifornischen Skate-Punker sieht man am sonnigen Samstag fast genauso oft im Publikum, wie die der Lokalmatadore Kvelertak. Dass die Black-Metal-Punks das Festival zeitgleich mit Grace Jones beschließen, zeigt, dass sie inzwischen über einen ähnlichen guten Ruf in Norwegen verfügen, wie das Oya Festival im Rest Europas. Aber auch ihre energiegeladene Performance kann mit der "larger-than-life"-Show von Pop-Ikone Jones nicht mithalten. Die inzwischen 68-jährige sprüht vor Energie und mitreißend guter Laune, wechselt nach jedem Song das Kostüm und hält doch immer den Kontakt zum Publikum. Der unbestrittene Höhepunkt eines Festivals, dessen Vielfalt einzigartig ist.

Festivals