Festivalplaner empfiehlt - Greenville

Einmal ist keinmal. Deswegen kramen die Veranstalter des Greenville auch zur zweiten Ausgabe des Open-Airs wieder im großen Rock-, Indie- und HipHop-Topf und zaubern Bands aus dem Ärmel, die man sonst eher seltener auf deutschen Festivalbühnen sieht.

Aber nicht nur mit Auftritten vom Wu-Tang Clan, Gentleman, Fall Out Boy, Katzenjammer oder Nick Cave & The Bad Seeds macht das Festival in Brandenburg auf sich aufmerksam. Auch das Rahmenprogramm und die Angebote für Festivalbesucher können sich sehen lassen. So gibt es dieses Jahr eine Fahrradgarage, in der ihr euer Zweirad sicher unterbringen könnt, einen Gratis-Shuttleservice vom Bahnhof Berlin-Spandau, und die Getränke kommen in Mehrwegflaschen und –bechern daher – das Green im Namen ist also nicht nur eine hohle Phrase.

Selbst das Electric Hotel, eine Art Stromtanke für eure Handys und Co. wird mit komplett aus erneuerbaren Energien gespeister Elektrizität betrieben. Wer dazu noch seine Ausdauer trainieren möchte, schwingt sich einfach auf eines der Generator-Bikes und trägt selbst seinen Teil zu sauber erzeugtem Strom bei. Wie die Veranstalter selbst das grüne Konzept sehen, das hat Sascha Krüger im Interview mit Carlos Fleischmann herausgefunden.

"Der grüne Gedanke beginnt im Kleinen." - Im Gespräch mit Carlos Fleischmann.

Carlos Fleischmann ist ein alter Hase im Live-Entertainment. 2012 etablierte er mit dem Greenville ein neues, betont ‚grünes’ Open Air. Wir ließen uns erklären, wie man heutzutage erfolgreich noch ein weiteres Event etabliert.

Sascha Krüger: Carlos, das Greenville verfolgt viele neue Ideen im Kontakt Festival-Entertainment. Welche sind die zentralen Neuerungen? Carlos Fleischmann: Das ganze Ding ist die zentrale Idee. Wir haben uns vor zwei Jahren zusammengesetzt und entschieden, dass wir ein neues Festival machen wollen. Als Erstes stand der Name – wir wussten, wo wir das Festival veranstalten wollen, und dort ist es sehr schön und grün und ländlich. So entstand der Name, den wir daraufhin mit Inhalten gefüllt haben.

Was konkret bedeutet? Neben dem bewusst eklektischen Programm sind das viele Überlegungen zur Nachhaltigkeit. So arbeiten wir auf allen Ebenen nur mit lokalen Firmen und Lieferanten zusammen, um die Region zu stärken. Wir suchen sehr genau die Food-Anbieter aus und woher etwa das verarbeitete Fleisch kommt – von der Schlachterei 500 Meter weiter. Es geht bei dem ‚grünen’ Gedanken nicht darum, da plötzlich ne Solar-Rakete aufs Gelände zu stellen. Das findet sich eher im Kleinen, dafür dann aber durchdacht bis in Detail.

Kann man ein grünes Festival tatsächlich so durchplanen? Das entwickelt sich eher. Natürlich haben wir am Anfang auf die Schnauze bekommen, weil es viele gab, die unsere Idee erst mal nicht verstanden haben. So wird dann die Idee automatisch zum Programm, und damit sucht man sich dann Stück für Stück die geeigneten Partner. Wir wollen ja auch um Gottes Willen kein Esoterik-Festival sein, sondern ein nachhaltig durchgeführtes, das in jedem Bereich auf bewussten Entscheidungen fußt. Das Schöne dabei ist, dass wir dieses Jahr feststellen, dass wir von anderen schon jetzt kopiert werden in unseren Ansätzen.

Wie macht man innovative Ansätze auch wirtschaftlich? (lacht) Im Moment machen wir das noch nicht. Natürlich wollen wir irgendwann damit Geld verdienen, aber das Festival ist nicht so angelegt, dass es irgendwann zu einem dieser Riesen-Events wird. Diese Schiene ist bereits sehr gut besetzt in Deutschland. Wir sehen uns eher als familiäres Festival vor den Toren Berlins, das interessante neue Ansätze bietet.

Zu eurem Programm gehört auch ein sehr diversifiziertes Line-Up. Kann man eklektisch und vielseitig nennen, aber auch auch wahllos. Das wurde uns anfangs auch unterstellt. Bis die Leute begriffen haben, was wir eigentlich wollen: Künstler anbieten, die besonders sind, ungeachtet des Genres, in dem sie sich bewegen. Es gibt für die Zusammenstellung des Line-Ups nur eine Maxime: Was gefällt uns, was würden wir selber gern live sehen? Im Umkehrschluss führt das zu einem überdurchschnittlich musikbegeisterten Publikum. Denn wer zu uns kommt, bringt automatisch einen weiten geistigen Horizont mit. Viele Festivals buchen mit dem Gedanken, was sich das Publikum wünscht; wir wollen es andersherum und ein Publikum, das versteht, was wir mit unserem Programm und unserer Idee wollen.

Du bist seit 25 Jahren im Live-Entertainment tätig. Was gab überhaupt den Ausschlag, das bestehende Festival-Pferd noch mal neu aufzuzäumen? Neu aufzäumen geht gar nicht, man kann nur in Nuancen gewisse Dinge anders machen. Das tun wir schon immer als Booking-Agentur: Wir haben vielleicht nicht die erfolgreichsten Künstler unter Vertrag, dafür aber durchweg qualitativ sehr hochwertige. Und wenn zu einem ganz besonderen Künstler 200 Zuschauer kommen, ist das für mich auch ein Erfolg. Diesen Gedanken wollten wir eben auf ein Festival übertragen. Ich habe tatsächlich schon viel gemacht in meiner Laufbahn, aber so eine entspannte Veranstaltung ist mir selber noch nicht begegnet. Ich lebe damit einen persönlichen Traum – es ist das, was ich schon immer machen wollte.

Wie bekommt man als ein neues Festival einen so begehrten und eigentlich Open Air-scheuen Künstler wie Nick Cave? Es hat sich einfach schon nach dem ersten Jahr herum gesprochen, dass wir ein etwas anderes Festival sind, und das hilft natürlich. Du hast Recht: Cave ist sehr begehrt und sehr wählerisch. Aber das Konzept des Greenville ist stimmig, und wir konnten ihm natürlich einen Headliner-Slot anbieten, den er woanders vielleicht nicht bekommen hätte. Der Rest ist Verhandlungsgeschick.

Ihr arbeitet im Rahmen des Festivals mit zahlreichen NGOs wie Amnesty International, PETA oder Skate-Aid zusammen. Wie kam es dazu? Die kamen tatsächlich auf uns zu, weil sie schnell verstanden haben, dass wir anders sind und nachhaltig arbeiten. Seit dem Debüt im letzten Jahr ist die Zusammenarbeit ausgezeichnet, und das passt ja auch sehr gut zu uns und unserem intelligenten Publikum, das sich mit solchen Inhalten auseinandersetzt. Da kam einfach zusammen, was zusammen gehört. Und so soll es auch weitergehen.

Weitere Infos zum Festival findet ihr auf unserer Festival-Seite und natürlich der Homepage des Open-Airs.

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